Relationale Innovation und Business Model Innovation: Warum Strukturen allein nicht ausreichen
Einleitung: Die Illusion statischer Geschäftsmodellinnovation
Geschäftsmodellinnovation (BMI) wird oft als strukturelle Neugestaltung betrachtet – eine Veränderung der Umsatzquellen, Kostenstrukturen oder Schlüsselaktivitäten. Unternehmen entwerfen neue Wertversprechen, Kundeninteraktionen und Liefermechanismen und erwarten, dass mit der richtigen Struktur automatisch Innovation folgt.
Doch hier liegt das Problem: Geschäftsmodelle existieren nicht isoliert – sie sind eingebettet in dynamische Systeme aus Beziehungen, Interdependenzen und Anpassungszyklen. Unternehmen übersehen oft den relationalen Aspektder BMI, indem sie sich auf eine statische Blaupause konzentrieren, anstatt auf ein lebendiges System, das sich kontinuierlich anpassen, lernen und selbst regulieren muss.
Ein rein aktivitätsbasierter Ansatz für Geschäftsmodellinnovation ist unvollständig. Ohne neue Kommunikationsflüsse, Entscheidungsstrukturen und Koordinationsmechanismen kann selbst das innovativste Geschäftsmodell sein volles Potenzial nicht entfalten.
Um diese verborgene Dynamik sichtbar zu machen, betrachten wir BMI aus einer systemischen Perspektive und zeigen, wie die Beziehungen zwischen verschiedenen Organisationsfunktionen darüber entscheiden, ob Geschäftsmodellinnovation gelingt – oder scheitert.
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Ein Geschäftsmodell ist nicht nur eine Reihe von Aktivitäten – es ist ein System miteinander verbundener Funktionen, das sich kontinuierlich selbst regulieren muss. Ein lebensfähiges Geschäftsmodell muss drei Ebenen integrieren:
• Operative Umsetzung (Wertschöpfung und Lieferung)
• Strategische Intelligenz (Anpassung an Marktveränderungen und Wettbewerb)
• Koordination (Sicherstellung der Abstimmung zwischen Funktionen und Stakeholdern)
Doch viele Innovationsansätze konzentrieren sich nur auf die erste Ebene – die operative Umsetzung – und vernachlässigen die notwendigen Steuerungsmechanismen.
Das Problem: Unternehmen führen neue Geschäftsmodellaktivitäten ein (z. B. Wechsel zu einem Abonnementmodell, Einführung von Plattformdiensten), aber sie passen Kommunikations- und Koordinationsmechanismen nicht entsprechend an.
Zentrale Erkenntnis: Ein Geschäftsmodell muss selbstregulierend sein – das bedeutet, dass Änderungen auf Aktivitätsebene automatisch Anpassungen in der Steuerung und Entscheidungsfindung auslösen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.
Beispiel: Ein Unternehmen führt ein Direct-to-Consumer (D2C)-Modell zusätzlich zu seinem bestehenden B2B-Modell ein. Da die interne Struktur jedoch immer noch auf Großkunden und Unternehmensverträge ausgelegt ist, entstehen Ineffizienzen im Kundenservice und der Lieferkette.
Fazit: Geschäftsmodellinnovation bedeutet nicht nur eine Veränderung von Aktivitäten – es erfordert den Aufbau eines adaptiven Systems, das sich selbst reguliert.
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Ein häufiger Ansatz zur Geschäftsmodellinnovation ist das Mapping von Aktivitätssystemen. Unternehmen identifizieren Schlüsselaktivitäten, Partner, Umsatzquellen und Kostenstrukturen – doch diese Methode geht oft davon aus, dass diese Komponenten linear und vorhersehbar funktionieren.
• Das Problem: Statische Aktivitätslandkarten zeigen zwar was ein Geschäftsmodell tun soll, aber nicht wie verschiedene Funktionen dynamisch interagieren.
• Zentrale Erkenntnis: Innovation entsteht durch das Zusammenspiel von Aktivitäten, nicht durch die Aktivitäten selbst. Die Beziehungen zwischen Kundenservice, Lieferketten, Preisgestaltung und Strategie bestimmen, ob ein neues Geschäftsmodell tatsächlich funktioniert.
• Beispiel: Ein Unternehmen wechselt von Einzelverkäufen zu einem „As-a-Service“-Abonnementmodell. Die neue Aktivitätsstruktur konzentriert sich auf wiederkehrende Einnahmen, aber es fehlen neue Koordinationsmechanismenzwischen Rechnungsstellung, Kundenservice und Produktaktualisierungen. Das führt zu operativen Problemen und steigender Kundenabwanderung.
Fazit: Der Erfolg einer Geschäftsmodellinnovation hängt davon ab, wie Aktivitäten miteinander verbunden und dynamisch gesteuert werden, nicht nur von den einzelnen Aktivitäten selbst.
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Ein neues Geschäftsmodell einzuführen bedeutet Veränderungen in der internen Koordination und Kommunikation. Doch viele Unternehmen versuchen, ein neues Modell auf ihre bestehende Organisationsstruktur zu setzen, ohne sie entsprechend anzupassen.
• Das Problem: Unternehmen führen ein neues Geschäftsmodell ein, passen aber nicht ihre internen Kommunikations- und Koordinationsmechanismen an. Das führt zu Fehlabstimmung, Verzögerungen und Ineffizienz.
• Zentrale Erkenntnis: Ein neues Geschäftsmodell benötigt neue Steuerungsmechanismen, die Entscheidungsprozesse, Ressourcenzuweisung und Feedbackzyklen regulieren.
• Beispiel: Ein traditioneller Einzelhändler expandiert in den E-Commerce, passt aber die Lagerverwaltung nicht an. Während Online- und Offline-Bereiche unabhängig voneinander agieren, erleben Kunden unterschiedliche Preise, unzuverlässige Verfügbarkeiten und schlechten Kundenservice.
Fazit: Geschäftsmodellinnovation erfordert eine Neugestaltung der internen Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen, nicht nur eine Veränderung der Prozesse.
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Unternehmen, die Geschäftsmodelle erfolgreich innovieren, verändern nicht nur was sie tun, sondern auch wie sie lernen.
Ein lebensfähiges Geschäftsmodell muss Trends erkennen, Marktveränderungen antizipieren und kontinuierlich angepasst werden.
• Das Problem: Viele Unternehmen konzentrieren sich auf Effizienzverbesserung innerhalb der aktuellen Umgebung, berücksichtigen aber nicht, wie sich die Umwelt verändert.
• Zentrale Erkenntnis: Ein nachhaltiges Geschäftsmodell muss mechanismen zur strategischen Voraussichtintegrieren.
• Beispiel: Ein Medienunternehmen wechselt von Print zu digitalen Abonnements, entwickelt aber keine Systeme zur Analyse neuer Konsumtrends (z. B. Kurzvideos, interaktive Inhalte). Während der Umstieg zunächst erfolgreich ist, bleibt das Unternehmen hinter der Konkurrenz zurück.
Fazit: Geschäftsmodellinnovation muss eine adaptive Intelligenzfunktion beinhalten, um langfristig relevant zu bleiben.
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Auch wenn ein neues Geschäftsmodell anfangs funktioniert, kann es langfristig scheitern, wenn keine Feedback-Mechanismen existieren.
• Das Problem: Unternehmen implementieren ein neues Geschäftsmodell, aber sie überwachen nicht, wie gut es funktioniert und passen es nicht an.
• Zentrale Erkenntnis: Geschäftsmodellinnovation ist kein einmaliger Prozess, sondern ein kontinuierliches Experiment mit eingebauten Anpassungsmechanismen.
• Beispiel: Ein Fintech-Startup entwickelt ein KI-basiertes Kreditvergabesystem. Es funktioniert zunächst gut, aber da keine dynamischen Risikobewertungen integriert sind, steigen langfristig die Kreditausfälle.
Fazit: Ein Geschäftsmodell ist nie „fertig“ – es benötigt dynamische Feedback-Schleifen, um fortlaufend optimiert zu werden.
Geschäftsmodellinnovation als lebendiges System
Was Unternehmen anders machen müssen:
✔️ Mehr als nur Aktivitätslandkarten – Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Aktivitäten.
✔️ Neue Koordinationsmechanismen etablieren – Prozesse müssen abgestimmt werden.
✔️ Adaptive Intelligenz integrieren – Markttrends müssen frühzeitig erkannt werden.
✔️ Feedback-Schleifen einbetten – Kontinuierliche Verbesserung sicherstellen.